Der DVGW fördert das Gas- und Wasserfach in allen technisch-wissenschaftlichen Belangen. In seiner Arbeit konzentriert sich der Verein insbesondere auf die Themen Sicherheit, Hygiene, Umwelt- und Verbraucherschutz. Mit der Entwicklung seiner technischen Regeln ermöglicht der DVGW die technische Selbstverwaltung der Gas- und Wasserwirtschaft in Deutschland. Hierdurch gewährleistet er eine sichere Gas- und Wasserversorgung nach international höchsten Standards. Der im Jahr 1859 gegründete Verein hat rund 14.000 Mitglieder. Hierbei agiert der DVGW wirtschaftlich unabhängig und politisch neutral
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mit Dr. Simone Peter
Biomethan kann eine wichtige Rolle in der Energiewende einnehmen, um die Versorgungssicherheit und Diversifizierung der Energieträger sicherzustellen. Im Vorfeld zur gat | wat 2022 hatten wir die Möglichkeit Frau Dr. Simone Peter einige Fragen zur Ressource Biomethan zu stellen. Frau Dr. Peter ist Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e. V. und nimmt am Eröffnungstag der gat in Berlin an der Diskussion über Optionen für den Weg in die Energie-Unabhängigkeit teil.
DVGW Kongress:
Biomethan kann einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Welches Potenzial hat Biomethan angesichts einer drohenden Gas-Knappheit für den kommenden Winter in Deutschland und langfristig?
Dr. Simone Peter:
Aktuell speisen in Deutschland rund 250 Biomethan-Aufbereitungsanlagen etwa 10 TWh Biomethan in das Erdgasnetz ein. Dies deckt etwa 1 Prozent des Gasbedarfs. Zukünftig könnten allein aus dem Anlagenbestand weitere 2000 Anlagen mittels Sammelleitungen und gemeinsamer Aufbereitung oder durch eine entsprechende Umrüstung Biomethan produzieren. Die meisten Biogasanlagen produzieren jedoch Strom und Wärme vor Ort und nutzen hierfür unverarbeitetes Rohbiogas. Hier können bereits kurzfristig im anstehenden Winter zusätzlich bis zu 19 TWh Biogas bereitgestellt werden, um die Gasreserven zu schonen. Schaut man jedoch speziell auf Biomethan, liegen die großen Potenziale neben der Umrüstung des Anlagenbestands im Neubau von Biogasaufbereitungsanlagen sowie in der zukünftigen Bereitstellung von synthetischem Methan. Durch vollständige Erschließung des nachhaltig verfügbaren Biomassepotenzials lassen sich ohne Ausweitung der Anbaufläche für Energiepflanzen bis zu 230 TWh Biogas erzeugen. Wenn das bei der Gasaufbereitung anfallende CO2 mit Elektrolyse-Wasserstoff von Wind und PV-Anlagen verarbeitet wird, können daraus noch einmal gut 200 TWh synthetisches Methan gewonnen werden.
DVGW Kongress:
Wie müssten die nächsten Schritte (politisch oder technisch) aussehen, um das gesamte Potenzial von Biomethan zu erschließen?
Dr. Simone Peter:
Vor allem die gesetzlichen Hürden im Bau- und Genehmigungsrecht müssen fallen und der Zugang zum Gasnetz erleichtert werden, um möglichst schnell neue Projekte ans Netz zu bringen – denn Rohstoffe und Technik sind vorhanden. Außerdem müssen Anreize zum Beispiel für die Betreiber von Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen oder in der Industrie geschaffen werden, anstatt auf Erdgas zu setzen. Darüber hinaus gilt es, alternative Einsatzstoffe im Bereich der Abfälle und Reststoffe zu mobilisieren.
DVGW Kongress:
Wie hoch könnte der prozentuelle Anteil von Biomethan in der Energieversorgung in den nächsten Jahren sein?
Dr. Simone Peter:
Eine Verdopplung der Biomethanproduktion ist durchaus realistisch. Zusammen mit der erwähnten biologischen Methanisierung ist hier sicherlich noch viel Potenzial. Wie viel Prozent der Energieversorgung das ausmacht, hängt davon ab, wie schnell der Energieverbrauch insgesamt gesenkt wird. Nun kommt es erst einmal auf den politischen Willen an, die Biomethanproduktion überhaupt hochzufahren.
DVGW Kongress:
Wie kann man Biomethan umwelt- und sozialverträglich nutzen? Oder wie aktuell ist die Debatte darüber, dass ein extra Anbau von Pflanzen zur Herstellung von Biomethan einen zu hohen Ressourcenverbrauch hat und die Böden zerstört?
Dr. Simone Peter:
Zur Produktion von Biomethan kann neben allen Formen von Rest- und Abfallstoffen – die gar keine Fläche benötigen – fast jede Pflanze vergoren werden, wie zum Beispiel die Durchwachsene Silphie, das Riesenweizengras oder mehrjährige Wildpflanzen. Es geht längst nicht mehr nur um Mais. Die Felder werden dadurch nicht nur bunter, sondern auch artenreicher und zu einem Rückzugsort für Vögel und Tiere. Das ist gut für den Boden- und Gewässerschutz und die Artenvielfalt. Leider belohnt unsere Agrarpolitik ökologisch wertvolles Verhalten nicht und Bauern haben Mindereinnahmen durch den Anbau von anderen Pflanzen als dem Mais. Hier müssen wir umdenken und stärkere finanzielle Anreize setzen. Nicht zuletzt ist es ja auch so, dass sehr viele Biomethananlagen ausschließlich mit Abfällen und Reststoffen betrieben werden. Hier sind noch große Mengen an Einsatzstoffen gar nicht ausreichend erschlossen. Allein mit einer flächendeckenden Sammlung des Biomülls könnten noch 3 Millionen 4-Personen Haushalte zusätzlich mit Strom versorgt werden.
DVGW Kongress:
Können städtische und ländliche Gebiete gleichermaßen flächendeckend durch Biomethan versorgt werden?
Dr. Simone Peter:
Dort, wo Gasnetze liegen, lässt sich eine Versorgung sicherstellen. Das gilt im Übrigen auch, wenn einige Leitungen perspektivisch auf Wasserstoff umgestellt werden: Aus Biomethan kann mit bewährten Verfahren biogener Wasserstoff produziert werden.
Vielen Dank für das Interview, Frau Dr. Peter. Wir freuen uns Sie auf der gat | wat 2022 begrüßen zu können und in den intensiven Austausch zu gehen über relevante Fragen unserer Branche.