Der DVGW

Das Kompetenznetzwerk im Gas- und Wasserfach

Der DVGW fördert das Gas- und Wasserfach in allen technisch-wissenschaftlichen Belangen. In seiner Arbeit konzentriert sich der Verein insbesondere auf die Themen Sicherheit, Hygiene, Umwelt- und Verbraucherschutz. Mit der Entwicklung seiner technischen Regeln ermöglicht der DVGW die technische Selbstverwaltung der Gas- und Wasserwirtschaft in Deutschland. Hierdurch gewährleistet er eine sichere Gas- und Wasserversorgung nach international höchsten Standards. Der im Jahr 1859 gegründete Verein hat rund 14.000 Mitglieder. Hierbei agiert der DVGW wirtschaftlich unabhängig und politisch neutral

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Referenten-Interview

mit Gunar Schmidt

Krisen- und Notfallmanagement in der kritischen Infrastruktur erfordert effizientes Dispatching, um schnelle und koordinierte Reaktionen zu gewährleisten. Erfahren sie ab dem 3. April 2025 in Erfurt oder dem 7. Oktober 2025 in Bonn wie durch präzises Dispatching Ressourcen optimal eingesetzt und Ausfallzeiten minimiert werden können, was die Resilienz und Sicherheit der Infrastruktur stärkt.

Im Vorfeld der Veranstaltung hat uns Herr Schmidt ein paar kurze Fragen zu seinem Beitrag am zweiten Veranstaltungstag zum Thema Krisen- und Notfallmanagement in der kritischen Infrastruktur beantwortet. 

DVGW Kongress:

Hallo Herr Schmidt, Sie sind Geschäftsführer der ONTRAS Gastransport GmbH und werden am 04. April 2025 bei der Veranstaltung "Dispatching" als Referent einen Vortrag zum Thema "Krisen- und Notfallmanagement in der kritischen Infrastruktur" halten.

Können Sie erklären, wie ein effektives Krisenmanagement strukturiert sein sollte?

Gunar Schmidt:

Ein effizientes Krisenmanagement sollte drei wesentliche Voraussetzungen erfüllen:

  • Es sollte branchenspezifische Besonderheiten berücksichtigen, in die jeweilige Unternehmenskultur passen und
    sich in der Auslegung an der Größe und den Möglichkeiten des Unternehmens orientieren.
  • Es sollte im Ernstfall unabhängig von der Linienorganisation funktionieren, und das 24/7, 365 im Jahr
  • Es sollte Schnittstellen zu anderen Organisationen im Not- und Krisenfall ohne Reibungsverluste bedienen können,
    um auch bei größeren Krisen wie Naturkatastrophen o.ä. schnell und sicher handeln zu können

ONTRAS hat sich für ein Notfall- und Krisenmanagement entschieden, dass auf vorhandenen Strukturen aufsetzt und die Einsatzbereitschaft über Rufbereitschaften bzw. Zufallserreichbarkeiten sicherstellt. Die Mitglieder des Krisenstabs sind primär die Leitenden wesentlicher Bereiche bzw. deren Stellvertreter. Damit verfügt der Krisenstab über wesentliche Kernkompetenzen mit den notwendigen Handlungs- und Entscheidungsbefugnissen. Die jeweiligen Handlungs- und Aufgabenfelder sind in Rollen definiert, die sich an der Feuerwehrordnung FwDV100 orientieren. Das erleichtert die Zusammenarbeit mit anderen Krisenstäben über das Unternehmen hinaus reichenden Krisen, die sich ebenfalls mehrheitlich an dieser Struktur orientieren.

Der Aufbau und die Funktion der Krisenorganisation bei ONTRAS orientiert sich an den Anforderungen des branchenspezifischen DVGW Arbeitsblattes G 1002 „Sicherheit in der Gas- und Wasserstoffversorgung: Organisation im Not- und Krisenfall“. Damit ist sichergestellt, dass alle entsprechenden Anforderungen berücksichtigt werden.
Die Einsatzbereitschaft wird durch Rufbereitschaften sichergestellt, sofern diese ohnehin bestehen. Die übrigen Rollen werden durch eine Zufallserreichbarkeit abgesichert, wobei für die sichere Besetzung einer Rolle wenigstens sechs Mitarbeitende notwendig sind.
Zudem hält ONTRAS eine externe Hotline bereit, die im Krisenfall gleichzeitig mit dem Krisenstab alarmiert wird und als Vorfluter dient, um den Krisenstab zu entlasten und den Mitgliedern gerade in den ersten Stunden den Rücken freizuhalten.

Abläufe und Szenarien werden in regelmäßigen Rollenschulungen und Übungsszenarien geübt und auf den aktuellen Stand gebracht.

DVGW Kongress:

Welche Kommunikationsstrategien sind in Krisensituationen besonders effektiv?

Gunar Schmidt:

Im Zeitalter elektronischer Medien ist es wichtig, dass ein Unternehmen im Falle einer Krise schnellstmöglich vor die Lage kommt und dann agiert, statt nur zu reagieren. Diese Aufgabe ist zu verinnerlichen, um nicht schon in der Anfangsphase durch die hereinbrechende Informationsflut aus sozialen Medien und Internet-Portalen aus dem Tritt zu kommen und sich an die Wand gedrängt zu fühlen. Dafür sind vier Dinge wesentlich:

  • Max. innerhalb der ersten 120 Minuten: Alle verfügbaren Informationen sammeln, daraus nur verifizierte Informationen zusammenstellen und kommunizieren (vier-Augen-Prinzip!), dabei ehrlich sein und so transparent, wie situationsbedingt möglich, offensichtliches nicht beschönigen oder gar verbergen
  • Einheitlich und eindeutig kommunizieren mit klaren Botschaften und Verantwortlichkeiten: alle Zielgruppen erfahren das gleiche
  • Geschultes Team auch vor Ort, um ggf. erste Medienanfragen professionell zu bedienen: Bei ONTRAS haben alle Mitarbeitenden in Bereitschaft sowie der Wachdienst und Mitarbeitende in den Außenstandorten mindestens Schulungen für ein professionelles Kameratraining für ein Notfall-Statement erhalten: „Mein Name ist …, Funktion, ggf. Firma, ich bin zuständig für … und muss mich jetzt wieder der Bewältigung des Ereignisses widmen.“
  • Monitoren und zeitnahes Agieren, falls die Berichterstattung in eine unerwünschte Richtung abdriftet oder bisherige Kommunikationsmaßnahmen noch nicht den beabsichtigten Erfolg zeigen

DVGW Kongress:

Welche Arten von Schulungen und Übungen sind für das Krisenmanagement-Personal notwendig?

Gunar Schmidt:

  • Für das gesamte Unternehmen muss Awareness für mögliche Krisenfälle geschaffen und für eine notwendige Mithilfe der
    Linienorganisation bei der Stabsarbeit im Krisenfall sensibilisiert werden
  • Regelmäßige Rollenschulungen (intern) mit checken/ggf. optimieren vorhandener Arbeitsmaterialien
    (Checklisten, Handlungsanweisungen, Leitfäden, Formulare)
  • Unangekündigt mehrmals im Jahr: Übungsalarme zum Testen der Einsatzbereitschaft
    (bei ONTRAS: automatischer Alarm über Fact24 mit Rückmeldung, wer bis wann im Krisenstab antreten kann)
  • Angekündigt: Open Desk Übungen zum Einüben einzelner Rollen bzw. der Abläufe im Krisenstab
    (Rollenverständnis, Schnittstellen/Zusammenarbeit) ohne tatsächliche Handlungen
  • Unangekündigt, i.d.R. jährlich: Krisenübungen mit unterschiedlichen Szenarien (ca. 3-5 Stunden), z.T. mit Eskalationsstufen,
    kompletter Ablauf von Alarmierung bis Ende Krisenübung einschließlich aller notwendigen Handlungen und Entscheidungen

Darüber hinaus ist ein überregionaler Austausch mit anderen Krisenteams in Unternehmen sowie bei Bund und Ländern, Mitwirken an überregionalen Krisenszenarien z.B. LÜKEX des BBK eine wesentliche Ergänzung für die Krisenprävention.

DVGW Kongress:

Vielen Dank für das Interview, Herr Schmidt. Wir freuen uns, Sie bei Dispatching auf neuen Wegen am 03. – 04. April 2025 begrüßen zu können und in den intensiven Austausch zu diesem spannenden Thema zu gehen.