Der DVGW

Das Kompetenznetzwerk im Gas- und Wasserfach

Der DVGW fördert das Gas- und Wasserfach in allen technisch-wissenschaftlichen Belangen. In seiner Arbeit konzentriert sich der Verein insbesondere auf die Themen Sicherheit, Hygiene, Umwelt- und Verbraucherschutz. Mit der Entwicklung seiner technischen Regeln ermöglicht der DVGW die technische Selbstverwaltung der Gas- und Wasserwirtschaft in Deutschland. Hierdurch gewährleistet er eine sichere Gas- und Wasserversorgung nach international höchsten Standards. Der im Jahr 1859 gegründete Verein hat rund 14.000 Mitglieder. Hierbei agiert der DVGW wirtschaftlich unabhängig und politisch neutral

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Digitale Zwillinge in der Wasser- und Gasversorgung

Potenziale und Herausforderungen

Digitale Zwillinge; © AdobeStock_1420934581

Datum der Veröffentlichung: 13. August 2025

 

 

 

Digitale Zwillinge helfen dabei, die stetig wachsenden Anforderungen an die Wasser- und Gasversorgung zu bewältigen. Sie ermöglichen die Erprobung verschiedener Szenarien und Optimierungen während des laufenden Betriebs anhand von Echtzeitdaten. Wie das genau funktioniert, wie digitale Zwillinge die Datenlage verbessern und sie die Fehlerzahlen verringern, erfahren Sie hier.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein virtueller Zwilling erlaubt das Durchspielen verschiedener Szenarien anhand echter Daten.
  • Er unterstützt bei der Planung bedarfsgerechter Ausbauten.
  • Solche digitalen Zwillinge in der Wasser- und Gasversorgung ermöglichen Wartung und Instandhaltung, ehe es zu größeren Schäden kommt.
  • Potenzielle Herausforderungen bei der Umsetzung sind Korrektur und Anpassung der Daten, etwaige Ablehnung durch Mitarbeitende und die Kosten.

Definition: Was sind digitale Zwillinge?

Ein digitaler Zwilling ist eine virtuelle Abbildung einer bereits existierenden oder geplanten Infrastruktur oder Anlage. Er bildet das jeweilige Objekt exakt ab, ist mittels Kommunikationsinfrastruktur daran gekoppelt und erlaubt so eine Echtzeitsynchronisation. Ein digitaler Zwilling begleitet das reale Objekt über seinen gesamten Lebenszyklen hinweg.

Laut dem Bundesministerium für Verkehr handelt es sich dabei nicht um eine Schlüsseltechnologie, sondern um die Kombination zahlreicher Technologien, etwa:

  • Dashboards
  • Big Data
  • KI
  • IoT
  • 3D-Modelle
  • Virtual oder Augmented Reality
  • Business Intelligence

Je nach Bedarf werden für den Bau des benötigten digitalen Zwillings die passenden Technologien miteinander verknüpft.

Digitale Zwillinge in der Versorgungswirtschaft © AdobeStock_1158993923

Darum sind digitale Zwillinge in der Wasser- und Gasversorgung wichtig

Die Anforderungen an eine moderne Wasser- und Gasversorgung wachsen über das hinaus, was die bestehenden Anlagen mit der aktuellen Bewirtschaftung leisten können. Eine Vereinheitlichung davon ist dringend nötig. Zudem muss auf eine bessere Datenauswertung zur Optimierung der Nutzungsmöglichkeiten gesetzt werden, sowie durch vorausschauende Planung gehandelt werden. 

 

Professor Paul Uwe Thamsen, Fachgebietsleiter der Fluidsystemdynamik am Institut für Strömungsmechanik und Technische Akustik der TU Berlin, erklärt, dass heterogene Systeme für Bestandsanlagen typisch sind. Vereinheitlichungen sind daher nötig – für wichtige Verknüpfungen und Synergieeffekte. Gelingt die Umsetzung, sind erhebliche Einsparungen und Optimierungen möglich:

  • Daten werden automatisiert gesammelt, was den Arbeitsaufwand und die Fehlerquote verringert.
  • Die Entscheidungsfindung wird auf Basis von Echtzeitdaten und Simulationen erleichtert.
  • Automatisierung erlaubt in manchen Fällen auch eine Steuerung aus der Ferne.
  • Energiekosten können drastisch gesenkt werden, wie das Beispiel des Klärwerks in Trier zeigt.
  • Sorgfältige Datenauswertung und Prognosen ermöglichen eine bessere Auslastung bestehender Infrastruktur.

 

 

Info

Einsparungen durch digitale Zwillinge in der Wasserversorgung sind längst keine Zukunftsmusik mehr. Der Stadt Cincinnati hat die Technologie bereits 38 Millionen Dollar eingespart.

 

 

An diesen Punkten hilft der digitale Zwilling Versorgungsunternehmen

Da der digitale Zwilling die Infrastruktur über den ganzen Lebenszyklus hinweg begleitet, gibt es viele mögliche Ansätze zur Optimierung. Hier erhalten Sie einen Überblick.

Planung

Anhand der Datensammlung kann ein digitaler Zwilling eines Versorgungsunternehmens samt Infrastruktur aufzeigen, an welchen Stellen oder Zeiten Engpässe auftreten. Zudem lässt sich voraussagen, wie sich der Bedarf und die Verfügbarkeit von Wasser oder Gas entwickeln wird. Dadurch hilft die Technik bei der gezielten Planung der notwendigen Ausbauten inklusive sektorübergreifender Lösungen. Wie sehr die Daten des digitalen Zwillings Planungen im größeren Maßstab unterstützen, zeigt die digitale Abbildung der Versorgungsnetze der Stadt Wien.

Das Klimaschutzgesetz sieht vor, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein soll. Der Konzern E.ON hat gemeinsam mit den Stadtwerken Essen einen digitalen Zwilling der Stadt erstellt, um verschiedene Szenarien durchzuspielen, mit denen sich das Ziel erreichen lassen würde. Dabei zeigte sich: ein Technologiemix, der auch die Verwendung grüner Gase wie Bio-Methan oder Wasserstoff einschließt, ist am günstigsten für die Verbraucher:innen. Diese Informationen können in die Planung der notwendigen Infrastruktur-Anpassungen mit einfließen.

Instandhaltung

In der Frage der Instandhaltung kann ein digitaler Zwilling gleich in mehrerlei Hinsicht hilfreich sein, wie das Beispiel der Wasserversorgung zeigt:

  • Dank exakter Messdaten lassen sich Leckagen auch dann sehr genau lokalisieren, wenn sie unter der Erdoberfläche liegen und Wasser nicht sichtbar austritt. Die Schäden können so unverzüglich behoben und Verluste minimiert werden.
  • Im Abwasser bilden sich immer wieder sogenannte Verzopfungen, bei denen sich langfaserige Gegenstände ineinander verdrehen und die Pumpen blockieren können. Der digitale Zwilling erkennt solche Verzopfungen und erlaubt es, die Pumpen schnell mittels Rücklaufs zu reinigen, ehe es zu größeren Ausfällen kommt.
  • Mithilfe des digitalen Zwillings lassen sich Prognosen erstellen, die anzeigen, wann Wartungsarbeiten nötig sind. Dadurch können kleinere Schäden oder Verschleißerscheinungen direkt behoben werden, ehe sie größere Probleme verursachen.

Diese Vorteile lassen sich teils auf die Gasversorgung übertragen.

Szenarienanalyse

Das oben genannte Beispiel von E.ON und der Stadt Essen trifft auch hier zu: Das Durchspielen von fünf möglichen Szenarien hat es ermöglicht, die Unterschiede herauszuarbeiten, und eine Entscheidungshilfe geboten. Wann immer Ihnen im Unternehmen der Wasser- oder Gasversorgung mehrere Optionen offenstehen, können Sie diese mit dem digitalen Zwilling durchspielen und die Vorteile und Nachteile erkennen. Mögliche Szenarien sind etwa:

  • Korrosion der Einbauteile in der Infrastruktur bei Trockenperioden
  • Starkregenfälle und voraussichtliche Überlastungen des Kanalnetzes
  • verschiedene Schaltzeiten der Pumpen
  • verschiedene Zusammensetzungen der Chemikalien zur Wasserenthärtung
  • Gasflüsse und -bedarfe und ihre voraussichtliche Entwicklung
  • Erneuerung bestehender Gasleitungen und Ausbau eines neuen Netzes samt Kostenkalkulation
  • verschiedene Mischungsverhältnisse der eingesetzten Energien (erneuerbare und nicht-erneuerbare)

Mithilfe der Szenarienanalyse finden Sie heraus, wie Sie die bestehende Infrastruktur ideal nutzen, wann Sie sie warten, wie Sie sie optimal ausbauen und durch welche Maßnahmen Sie Kosten sparen.

Herausforderungen bei der Umsetzung von digitalen Zwillingen

Es gibt mehrere Hürden, die Sie bei der Implementierung eines digitalen Zwillings in einem Unternehmen der Wasser- oder Gasversorgung überwinden müssen:

  • Bei einer gemeinschaftlichen Nutzung über Unternehmensgrenzen hinweg müssen allgemein gültige Standards geschaffen werden, wie Dr. Birgit Boss von der Robert Bosch GmbH betont.
  • Die Daten, mit denen Sie den virtuellen Zwilling füttern, müssen korrigiert und bereinigt sein.
  • Die Datensicherheit muss gewährleistet werden, was eine Verstärkung der IT-Security notwendig macht.

Zudem sollten Sie vor der Implementierung eines digitalen Zwillings eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen. 

Fazit: Mit Netz und doppeltem Boden dank digitalem Zwilling

Ein digitaler Zwilling ermöglicht es Ihnen, Ihre Infrastruktur bestmöglich zu nutzen, sie in einem guten Zustand zu erhalten und sie auf kluge und ressourcenschonende Weise auszubauen. Er leistet einen wichtigen Beitrag zur Wasserresilienz und zur Energiewende. Dank ihm können Szenarien durchgespielt werden, die höhere Risiken und Chancen mit sich bringen. Das ist eine Modernisierung im Unternehmensalltag, wodurch sich neue Wege erschließen.

 

 

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