Wassersensible Stadtentwicklung: Konzepte für eine nachhaltige urbane Wasserwirtschaft

Datum der Veröffentlichung: 03. November 2025

 

 

Wassersensible Stadtentwicklung erfordert ein Umdenken in der Stadtplanung. Pläne müssen Vorgehensweisen beinhalten, die eine Speicherung und eine bewusste, sparsame Verwendung des Wassers ermöglichen. Dafür sind Konzepte entwickelt worden und einige Umsetzungen lassen Gutes hoffen. Erfahren Sie hier mehr über das interdisziplinäre Vorgehen für eine nachhaltige urbane Wasserwirtschaft.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die wassersensible Stadtentwicklung ist keine Option, sondern ein Muss, um Städte vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen.
  • Schwammstädte und blau-grüne Infrastrukturen reduzieren das Flutrisiko, mindern die Hitze und erlauben eine nachhaltige Wassernutzung.
  • Die Bundesregierung hat verschiedene Richtlinien und Initiativen zum Thema veröffentlicht und ebnet aktuell den Weg.
  • Zahlreiche Projekte zeigen, wie Forschung, Bau, Umweltschutz und weitere Branchen Hand in Hand arbeiten müssen. 

Darum wird eine wassersensible Stadtentwicklung nötig

Niederschläge galten in Städten lange als lästig. Das herabfallende Wasser wurde immer schnellstmöglich abgeleitet. Heute ist klar, dass diese Vorgehensweise die Probleme durch den Klimawandel verschlimmert:

  • der Grundwasserspiegel sinkt
  • Dürren verlaufen schwerwiegender
  • die Hitze in den Städten nimmt zu
  • Grünflächen und Pflanzen sterben ab
  • harte Böden verhindern das Versickern und steigern das Risiko von Überflutungen
  • es kommt zu Trinkwassermangel

Experten des Unternehmens Wavin, das an Lösungen für mehr Klimaresilienz von Städten, einer gesicherten Trinkwasserversorgung und modernen, sicheren Abwassersystemen arbeitet, erklären dazu: „Nur durch eine wassersensible Stadtplanung lassen sich Überflutungen verhindern, Hitzestress reduzieren und die Lebensqualität im urbanen Raum nachhaltig steigern.“

Das sind die Vorteile der wassersensiblen Stadtentwicklung

Wird die Stadtentwicklung so angepasst, dass das Wasser gespeichert und nachhaltig verwendet werden kann, bringt das gleich mehrere Vorteile mit sich:

  • Durch Versickerung werden die Böden insgesamt aufnahmefähiger, wenn größere Wassermassen anfallen. Das senkt das Überflutungsrisiko.
  • Der Grundwasserspiegel steigt und die Vegetation übersteht auch längere Trockenzeiten.
  • Durch die Verdunstung aus Grünflächen wird die Stadt in heißen Sommern gekühlt.
  • Das Kanalnetz wird entlastet.

Um diese Vorteile ausschöpfen zu können, sind allerdings nicht nur andere Konzepte bei Neubauten notwendig, sondern auch vielfältige Anpassungen in der bestehenden Infrastruktur.

Neue Initiative der Bundesregierung

Bislang haben die verschiedenen Länder ihre Kommunen dazu angehalten, im Rahmen der Anpassungsstrategien an den Klimawandel der Regierung auf eine wassersensible Stadtentwicklung zu setzen. Inzwischen informierte aber Bundesumweltminister Carsten Schneider über eine neue Bundesinitiative für mehr Wasserspeicher und Abkühlung. Dafür sollen…

  • …Moore wiedervernässt werden.
  • …Wälder an ihre Ursprünge angepasst werden (Laubwälder statt Nadelwälder).
  • …Versiegelungen in Städten entfernt, wo es möglich ist, und mehr Grünflächen geschaffen werden.
  • …Infrastrukturen der Kanalisation an Erfordernisse durch Starkregen angepasst werden.

Speziell die Entsiegelungen und die Schaffung von mehr Grünflächen werden die Gesichter der Städte stark verändern – sie machen das Leben angenehmer und haben eine starke Wirkung: „Ein Baum ist die beste Klimaanlage“, erklärt Dr. Friedrich Hetzel von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA).

Info

Tatsächlich kommt das Umweltbundesministerium mit der Initiative den Wünschen der Bürger:innen entgegen, wie eine Studie des DWA zeigt.

Blau-grüne Infrastrukturen

Viele Städte setzen auf die sogenannte blau-grüne Infrastruktur. Marc Beckett vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) erklärt, was es damit auf sich hat: Als grüne Infrastruktur werden Grünanlagen, Dachbegrünungen und begrünte Fassaden bezeichnet.

Zur blauen Infrastruktur zählen „Teiche, Seen und Kanäle. Außerdem Einstauflächen, also beispielsweise große Wiesen, auf denen sich das Wasser nach einem starken Regenguss sammeln kann. Und Zisternen: Große unterirdische Wasserspeicher, die das Regenwasser für Trockenperioden speichern – und in trockenen Gebieten vielfach als Trinkwasserspeicher dienen.“ 

Beispiele für wassersensible Stadtentwicklung

Viele Städte und Institute führen bereits Pilotprojekte durch und haben Konzepte entworfen, die auf die jeweiligen Bedürfnisse der Region angepasst sind.

Schwammstadt Leipzig

Leipzig soll (wie viele andere Städte auch) zur Schwammstadt werden. Die Ost-Metropole ist dabei, die in der Initiative genannten Punkte umzusetzen. Für die Planung und Organisation arbeiten hier viele verschiedene Verantwortliche zusammen:

  • die Leipziger Wasserwerke
  • das Referat nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz
  • der Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung in Leipzig-Land
  • die Ämter für Umweltschutz, Stadtgrün und Gewässer, Geoinformation und Bodenordnung, Gebäudemanagement, Bauordnung und Denkmalpflege sowie das Mobilitäts- und Tiefbauamt und das Stadtplanungsamt

Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, das Regenwasser dort versickert, gespeichert oder verdunsten kann, wo es auftrifft. Geplant sind Dach- und Fassadenbegrünungen, eine multifunktionale Gestaltung der Grünflächen und eine Anpassung der Verkehrsflächen, wo das möglich ist. Grundstücksbesitzer:innen können sich zu ihren Möglichkeiten beraten lassen, zudem wurde eine Starkregenkarte erstellt.

Lübeck fördert Dachbegrünungen

Die Stadt Lübeck hat Pläne aus der wassersensiblen Stadtentwicklung bereits an mehreren Stellen umgesetzt – etwa bei der Straßenraumgestaltung Kücknitz und bei der Neugestaltung der Beckergrube. Um die Transformation weiter voranzutreiben, stellt die Stadt eine Förderung für die Dachbegrünung zur Verfügung.

Die Straße der Zukunft

Das IGB führt mit anderen Partnern das Projekt Straße der Zukunft in Ludwigsburg durch: Unter einer Straße wurde eine Zisterne mit einem Fassungsvermögen von 50 Kubikmetern gebaut. In ihr sammelt sich Regenwasser von Dächern und Autos. Die Wasserqualität wird geprüft, um herauszufinden, ob sie für die Bewässerung von Grünflächen ausreicht. So kann wertvolles Trinkwasser gespart werden.

Intelligente Warnsysteme

Überflutungen in Städten in gefährdeten Gebieten sollen so glimpflich wie möglich verlaufen. Daher wurde das Verbundprojekt „Urban Flood Resilience – Smart Tools" (FloReST) ins Leben gerufen: Mit intelligenten Tools werden die Fließwege des Wassers in der jeweiligen Stadt vorhergesagt, sodass Notabflusswege angelegt werden können.

Prof. Lothar Kirschbauer von der Hochschule Koblenz erklärt dazu: „Notabflusswege sind wesentliche Elemente einer wassersensiblen Stadtentwicklung. Sie leiten Wassermassen möglichst schadlos oberirdisch durch Siedlungsgebiete und schützen auf diese Weise wichtige Infrastrukturen.“ Bürger:innen der Pilotkommunen können sich per App an der Informationssammlung beteiligen.

Fazit: Wassersensible Stadtentwicklung ist ein ganzheitliches Projekt

Eine wassersensible Stadtentwicklung muss immer von allen Standpunkten aus gedacht werden. Es reicht nicht aus, allein vom Umweltschutz oder nur von der Bauordnung auszugehen. Alle Beteiligten müssen die für sie wichtigen Punkte anbringen, damit die Pläne sich letzten Endes durchführen lassen und Erfolge zeigen.

Renaturierung und moderne Technologien wie Smart Tools müssen bei der Transformation der Städte Hand in Hand gehen. Auf diese Weise sind wir auf die Auswirkungen des Klimawandels besser vorbereitet und können lebensfeindliche Hitze sowie Katastrophen, wie sie bisher bereits vorgekommen sind, verhindern oder abschwächen.

Interessieren Sie sich für das Thema, könnte die DVGW-Kongress-Veranstaltung Wassermanagement im urbanen Raum das Richtige für Sie sein.

 

Entdecken Sie unsere Veranstaltung "Wassermanagement im urbanen Raum" mit spannenden Einblicken in das Thema wassersensible Stadtentwicklung.
Zur Veranstaltung