Der DVGW fördert das Gas- und Wasserfach in allen technisch-wissenschaftlichen Belangen. In seiner Arbeit konzentriert sich der Verein insbesondere auf die Themen Sicherheit, Hygiene, Umwelt- und Verbraucherschutz. Mit der Entwicklung seiner technischen Regeln ermöglicht der DVGW die technische Selbstverwaltung der Gas- und Wasserwirtschaft in Deutschland. Hierdurch gewährleistet er eine sichere Gas- und Wasserversorgung nach international höchsten Standards. Der im Jahr 1859 gegründete Verein hat rund 14.000 Mitglieder. Hierbei agiert der DVGW wirtschaftlich unabhängig und politisch neutral
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Interview mit Dr. Frank Sacher, Abteilungsleiter Wasserchemie, TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser
In unserem Interview mit Dr. Frank Sacher vom DVGW-Technologiezentrum Wasser tauchen wir in wichtige Fragen der Trinkwasserüberwachung und -aufbereitung ein. Bereits vor 20 Jahren war das Trinkwasser in Deutschland von hoher Qualität, doch in den letzten Jahren wurden die gesetzlichen Anforderungen weiter verschärft und die technischen Möglichkeiten erheblich verbessert. Erfahren Sie aus erster Hand, welche Fortschritte durch das DVGW-Forschungsvorhaben QUOVADIS-LAB dokumentiert wurden und wie diese Entwicklungen dazu beigetragen haben, dass die Trinkwasserqualität heute auf einem höheren Niveau ist als jemals zuvor.
Dr. Frank Sacher ist auf dem DVGW Kongress 2024 in Berlin Experte für die Qualität des Roh- und Trinkwassers. Er hält einen Impulsvortrag zu dem Thema: "PFAS-Entfernung bei der Trinkwasseraufbereitung – Möglichkeiten und Grenzen". Erfahren Sie in unserem Interview, welche Herausforderungen und Chancen die PFAS-Entfernung mit sich bringt und welche innovativen Ansätze derzeit erforscht werden.
Wie hat sich die Qualität des deutschen Trinkwassers in den letzten 20 Jahren im Vergleich zu früher verändert?
Die Qualität des Trinkwassers in Deutschland war schon vor 20 Jahren sehr gut und die Menschen konnten das Wasser aus dem Hahn auch zu Beginn unseres Jahrtausends bereits ohne Bedenken konsumieren. Man kann aber auch feststellen, dass die gesetzlichen Anforderungen an das Trinkwasser in den letzten Jahren verschärft wurden, indem neue Parameter eingeführt und Grenzwerte herabgesetzt wurden. Gleichzeitig haben sich die technischen Möglichkeiten bei der Trinkwasserüberwachung, aber auch bei der Trinkwasseraufbereitung in den letzten beiden Jahrzehnten noch einmal verbessert. In dem kürzlich abgeschlossenen DVGW-Forschungsvorhaben QUOVADIS-LAB wurden die positiven Entwicklungen in der Trinkwasserüberwachung in den letzten Jahren eindrucksvoll dokumentiert. Zusammenfassend kann man konstatieren, dass die Qualität des Trinkwassers in Deutschland heute auf einem höheren Niveau ist als jemals zuvor.
Gibt es regional überall die gleiche Qualität?
Trinkwasser ist ein Naturprodukt, das abhängig von seiner Herkunft sehr unterschiedlich ist. So unterscheidet sich ein Wasser aus einer Talsperre hinsichtlich seiner Zusammensetzung deutlich von einem Grundwasser. Diese regionalen Unterschiede in den Rohwässern spiegeln sich dann auch in den Trinkwässern wider, was man beispielsweise am Geschmack, aber auch anhand der Schaumbildung bei der morgendlichen Dusche feststellen kann. Gleichwohl erfüllen alle diese unterschiedlichen Wässer die strengen Anforderungen der Trinkwasserverordnung und können damit überall bedenkenlos konsumiert werden. Kurz zusammengefasst kann man sagen: Trinkwasser in Deutschland ist nicht überall gleich, aber überall gleich gut.
Wo liegen die größten Herausforderungen zur Sicherstellung der herausragenden Qualität des deutschen Trinkwassers?
Wie viele Bereiche unseres Lebens wird der Klimawandel auch unsere Versorgung mit Trinkwasser beeinflussen. In dem kürzlich abgeschlossenen DVGW-Forschungsvorhaben KLIWAQ wurden zahlreiche mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf die chemische und mikrobiologische Qualität von Roh- und Trinkwasser zusammengestellt. Das Vorhaben zeigte aber auch, dass die deutschen Wasserversorger gut auf mögliche Veränderungen vorbereitet sind und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wassermengen die Wasserversorger zumeist mehr beschäftigen werden als die Folgen für die Wasserqualität. Wie bereits in der Vergangenheit werden daneben sicher auch zukünftig neue oder neu entdeckte Spurenstoffe und Mikroorganismen dafür sorgen, dass die Herausforderungen hinsichtlich der Wasserqualität, denen sich Wasserversorger stellen müssen, nicht kleiner werden.
Welche Rolle spielt Nitrat im Trinkwasser?
Nitrat ist vielleicht der Parameter in der Trinkwasserverordnung, der die Wasserversorger in Deutschland am meisten beschäftigt. Vor allem bedingt durch die Massentierhaltung und die damit verbundene Überdüngung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen gibt es bei uns zahlreiche Gebiete, in denen der aktuelle Trinkwassergrenzwert für Nitrat im Grundwasser annähernd erreicht oder sogar überschritten ist. Da eine Entfernung von Nitrat im Aufbereitungsprozess nur mit erheblichem Aufwand gelingt, ist ein Ausweichen auf andere Ressourcen oder ein Verschneiden mit weniger belasteten Wässern oft die einzige Möglichkeit für den Wasserversorger, um die Einhaltung des Grenzwerts zu gewährleisten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und die Trinkwasserversorgung langfristig zu sichern, ist es daher umso wichtiger, die Anstrengungen des DVGW für einen vorsorgenden Gewässerschutz und eine gewässerschonende Landbewirtschaftung beizubehalten und nach Möglichkeit zu intensivieren.
Wie bewerten Sie die Leitwerte für PFAS im Trinkwasser gemäß der aktuellen Trinkwasserverordnung (TrinkwV)?
Die aktuelle Trinkwasserverordnung kennt zwei Grenzwerte für PFAS, die spätestens 2026 bzw. 2028 einzuhalten sind. Für die Summe der Konzentrationen von 20 perfluorierten Carbon- und Sulfonsäuren mit Kettenlängen zwischen C4 und C13 (Summe PFAS-20) gilt ein Grenzwert von 0,1 µg/L. Dieser Wert ergibt sich aus der direkten Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtlinie in deutsches Recht. Darüber hinaus gilt für die Summe der Konzentrationen der vier PFAS PFOA, PFNA, PFHxS und PFOS (Summe PFAS-4) ein Grenzwert von 0,02 µg/L. Dieser Wert berücksichtigt neue Erkenntnisse der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA zur toxikologischen Bewertung der PFAS. Ich denke, dass beide Grenzwerte sinnvoll gewählt wurden und den aktuellen Kenntnisstand zur Toxikologie der PFAS, aber auch zu den technischen Möglichkeiten berücksichtigen. Sie sind so niedrig, dass sie ein hohes Maß an Sicherheit für den Verbraucher gewährleisten. Gleichzeitig stellen sie einige Wasserversorger in Deutschland vor die Herausforderung Maßnahmen zu ergreifen, um die dauerhafte Einhaltung der Grenzwerte sicherzustellen. Wie solche Maßnahmen aussehen können, werde ich in meinem Beitrag vorstellen und diskutieren.
Welche gesundheitlichen Konsequenzen können PFAS-Einträge im Trinkwasser für den Menschen haben?
Einleitend muss ich darauf verweisen, dass ich kein Toxikologe bin und damit Fragen zu gesundheitlichen Konsequenzen nur eingeschränkt kompetent beantworten kann. Grundsätzlich kann man aber darauf verweisen, dass bei Einhaltung der Grenzwerte in der Trinkwasserverordnung auch bei lebenslanger Aufnahme des Trinkwassers keine Gefährdung für den Verbraucher zu befürchten ist. Diese allgemeine Aussage gilt selbstverständlich auch für PFAS. Die aktuellen Grenzwerte sind beispielsweise auch niedriger als die zuvor vom Umweltbundesamt veröffentlichten Leitwerte und gesundheitlichen Orientierungswerte für einzelne PFAS im Trinkwasser, so dass durch die neue Trinkwasserverordnung die Sicherheit des Verbrauchers noch einmal erhöht wurde.
Unabhängig davon sollte man aber auch darauf hinweisen, dass Einträge von persistenten Chemikalien wie den PFAS in die Umwelt grundsätzlich zu minimieren, im Idealfall sogar ganz zu verbieten sind, um unsere Umwelt und damit auch unsere Trinkwasserressourcen nachhaltig vor solchen Stoffen zu schützen. Die Einführung von Grenzwerten für das Trinkwasser kann hier nur ein erster Schritt hin zu einer strikten Reglementierung der Produktion und des Einsatzes solcher Stoffe sein.
Vielen Dank für die interessanten Erläuterungen, Herr Dr. Sacher. Wir freuen uns schon auf Ihren Beitrag auf dem DVGW Kongress 2024 in Berlin.